Die Zusammenarbeit in einem Betriebsrat wird immer wieder auf die Probe gestellt. Besonders in nicht hierachischen Teams ist es schwieriger, als Teamleiter damit umzugehen. Die Aufgaben von Betriebsratsvorsitzenden sind so vielfältig, dass sie nicht alles allein machen können. Deshalb ist die Mitarbeit der Betriebsratsmitglieder umso wichtiger.
Das klappt mal gut, mal weniger gut. Doch es gibt vier grundlegende Dinge, die Sie beachten müssen, um eine bessere Unterstützung im Team zu erreichen.
Die Zusammensetzung des Betriebsrates kann man sich nicht aussuchen. Daher erfordert die Umsetzung einer guten Zusammenarbeit ein aufmerksames Vorgehen. Denn viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Zielen und Motivationen finden hier zusammen. Gibt es Probleme, kann sich unter lateraler Führung jeder jederzeit der Teamarbeit entziehen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.
Die Gruppendynamik führt trotzdem irgendwann zu Konsequenzen und übernimmt eine „Regulierung“. Doch erstrebenswerter ist es, frühzeitig und dauerhaft an einer guten Zusammenarbeit zu arbeiten. Denn ein herrschender Führungstil geht in der Regel nach hinten los. Für beide Seiten. Wie können Sie es nun besser machen?
Für Betriebsratsvorsitzende gibt es vier Eckpfeiler, die Orientierung für die Zusammenarbeit bieten:
1. Haben meine Teammitlieder das notwendige Wissen?
2. Können sie dieses Wissen umsetzen?
3. Wo und wie wollen sie sich einbringen?
4. Dürfen sie sich einbringen?

Diese Bausteine bilden das Fundament für die Zusammenarbeit im Betriebsrat.
Natürlich gibt es noch weitere Faktoren wie zum Beispiel Vertrauen untereinander, Offenheit, Ehrlichkeit usw. Doch das Thema ist so komplex und individuell, dass ich hier erstmal nur die oben genannten erläutern möchte.
Wissen
Betriebsratsvorsitzende haben oft das meiste Fachwissen im Bereich der Betriebsratsarbeit. Das liegt in der Natur der Sache.
Doch wie sieht es mit den restlichen Betriebsräten aus?
Alle Betriebsräte haben per Gesetz die Pflicht, sich notwendiges Wissen und Fähigkeiten anzueignen. Dazu zählen Grundkenntnisse des Arbeitsrechtes, sowie Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, vor allem, wenn ein Betriebsrat das erste Mal ins Amt gewählt wurde. Es ist also zwingend notwendig sich in diesem Fall schulen zu lassen. Das gilt auch insbesondere für Ersatzmitglieder, die häufig verhinderte Mitglieder vertreten.
Spezialkenntnisse für bestimmte Funktionen wie Stellvertreter, Assistenzen des Betriebsrates, Protokollführer, eigener „Datenschutzbeauftragter“ innerhalb des Betriebsrates, etc. erfordern Spezialwissen, welches ebenfalls in Schulungen vermittelt wird.
Als Vorsitzende(r) sollten Sie im Blick haben, dass Ihr Gremium oder einzelne Mitglieder die notwendigen Schulungen wahrnehmen.
Tipp: Sollten Sie Bedarf für mehrere Betriebsratsmitglieder oder sogar den ganzen Betriebsrat erkennen, dann bietet sich eine Inhouse-Schulung an. Das spart Zeit, Abwesenheiten und Kosten. Damit haben Sie auch gleich einige Argumente für die Kostendiskussion mit dem Arbeitgeber. 😊
Nicht nur das BR-Fachwissen ist für das Teamwork wichtig, sondern auch, welche anderen Kompetenzen die Betriebsratsmitglieder mitbringen. Jeder nicht freigestellte BR arbeitet ja schließlich in einem bestimmten Bereich Deines Unternehmens. Fragen Sie sich deshalb:
– Wer arbeitet in welchem Bereich und bringt welches Wissen daraus mit?
– Wer hat weitere Kompetenzen und Wissen, zum Beispiel aus anderen Branchen, Technik, Sekretariat, IT, etc.?
– Wer hat spezielle methodische oder soziale Kompetenzen?
Methodische Kompetenzen bechreiben Denkweisen und Arbeitstechniken, wie Informationen aufgenommen und verarbeitet werden, zum Beispiel analytisches Denken, logisches Denken, strukturierte Arbeitsweise, etc.
Soziale Kompetenzen beschreiben Fähigkeiten im Kontakt mit anderen Menschen, zum Beispiel Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Toleranz, etc.
Es sind die sogenannten Soft Skills gesucht.
Wenn Sie merken, dass Sie Ihre Teammitglieder gar nicht so genau kennen, dann fragen Sie sie einfach. Wahrscheinlich werden Sie einige Überraschungen erleben.
Machen Sie sich die Mühe und analysieren Sie mal Ihr Team im Hinblick auf das vorhandene Wissen. Dafür können Sie die Checkliste am Ende dieses Artikels nutzen.
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Können
Neben dem Wissen ist es natürlich auch wichtig, das Gelernte anwenden zu können.
Daher prüfen Sie, wer welche praktischen Erfahrungen hat. Das können solche Dinge sein wie Wahlen zu organisieren, Verhandlungen zu führen, auf Betriebsversammlungen zu präsentieren, Analysen zu erstellen, usw.
Auch hier geht es nicht nur im das BR-Wissen. Sondern die Kompetenzen aus anderen Bereichen können genutzt werden, um die Arbeit im Team zu unterstützen.
Vor allem können Sie dafür sorgen, dass das Wissen auch in Können umgesetzt wird, indem Sie zum Beispiel neue Betriebsratsmitglieder, oder auch Ersatzmitglieder, in die BR-Arbeit mit einbeziehen. So können Sie ein Auge darauf haben, dass Arbeitsgruppen aus erfahrenen und neuen Betriebsratsmitgliedern zusammengestellt werden. Damit wird Arbeit auf alle verteilt und es kann eine bessere Zusammenarbeit im Betriebsrat entstehen.
Wollen
Entscheidend bei all dem ist jedoch meistens das Wollen.
Wie schon erwähnt, kann man sich sein Team im Betriebsrat nicht aussuchen. So ist auch die Motivation bei jedem Betriebsratsmitglied anders. Es gibt die Idealisten, die Pflichtbewussten, die Teamplayer oder diejenigen, die aus ganz eigenen Gründen Betriebsrat sind.
Die meisten sind nicht dauerhaft für BR-Arbeit freigestellt. Im Idealfall wollen sie sich zwar einbringen, sind aber oft zu beschäftigt in ihrem „eigentlichen“ Job, um sich Zeit frei zu schaufeln. Denken sie jedenfalls. Doch dazu im nächsten Abschnitt mehr.
Und schließlich gibt es ja den oder die Freigestellten. Da herrscht oft die Auffassung, derjenige ist für alles zuständig, denn er hat ja die Zeit dafür. Dem ist allerdings nicht so. Denn auch Freigestellte brauchen Unterstützung, gerade weil sie den größten Teil der Arbeit stemmen. Und wenn alle an einem Strang ziehen und jeder seinen Teil in der Zusammenarbeit beiträgt, kann ein schlagkräftiges Team entstehen.

Wichtig: Was motiviert, ist bei jedem Menschen anders und komplex. Daher sollten Sie keine Energie verschwenden, um die anderen zu ändern. Das kann derjenige nur selbst. Sie sollten lieber Ihre Energie darin investieren, motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das können solche Dinge sein wie:
– realistische Ziele für den Einzelnen und diese mit ihm abstimmen
– unterstützen mit Ihrem Wissen, Ihrer Erfahrung, Ressourcen und Informationen
– interessante Aufgaben anbieten
– Verantwortung anbieten (kann motivieren, da das Teammitglied gestalten kann)
– Sinn vermittlen (Warum ist etwas für den BR wichtig? Wozu ist das gut?)
– loben
Wenn es trotzdem schwierig ist, zur Mitarbeit zu bewegen, dürfen Sie sich auch ruhig mal Unterstützung einfordern. Bitten Sie darum und senden Sie Ich-Botschaften. Erläutern Sie, warum Sie Unterstützung brauchen und wie genau diese aussehen soll.
Manchmal fehlt einfach das Verständnis, warum und was genau gebraucht wird. Wenn das klar ist, findet sich oft „plötzlich“ doch jemand, der Sie unterstützt. Denn derjenige kann jetzt genauer einschätzen, ob er das leisten kann und will.
Dürfen
Sie könnten Sih jetzt fragen, ob das Dürfen nicht dem Führen ohne Hierachie widerspricht. Doch im Betriebsrat hat das Dürfen eine andere Bedeutung als in „normalen“ Teams. Denn BR-Arbeit fällt immer zusätzlich zum eigentlichen Job an. Und genau hier kommt das Dürfen ins Spiel.
Denn nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder sehen sich ihrem „normalen“ Job und ihrem eigentlichen Team und Vorgesetztem gegenüber strenger verpflichtet. Gerade, wenn sie es noch nicht gewohnt sind, weil sie neu im Betriebsrat sind.
Es ist enorm wichtig, das Verständnis bei jedem Betriebsratsmitglied herzustellen, dass BR-Arbeit per Gesetz erlaubt ist. Und dagegen kann kein Vorgesetzter etwas machen. Wenn BR-Arbeit notwendig ist, ist das betreffende BR-Mitglied freizustellen. Sie müssen sich lediglich bei ihren Vorgsetzen für diese Zeit abmelden.
Arbeitnehmer sind es aus hierachisch geordneten Teams gewohnt, Anweisungen zu erhalten und gesagt zu bekommen, was sie dürfen und was nicht. Sie können natürlich keine Anweisung zur BR-Arbeit erteilen. Aber Sie können dafür sorgen, dass die Betriebsratsmitglieder das nötige Selbstbewusstsein entwickeln, diese Freistellung einzufordern.
– Erläutern Sie ihnen dazu das bestreffende Gesetz § 37 BetrVG.
– Unterstützen Sie die Betriebsratsmitglieder, deren Vorgesetzte Probleme dabei machen, sie freizustellen oder die sich nicht trauen, die Freistellung einzufordern. Dafür können Sie mit den Teamleitern reden und ihnen die gesetzlichen Rahmenbedingungen erläutern. Fordern Sie unmissverständlich für Ihr Betriebsratsmitlied dieses Recht ein und setzen Sie es durch.
– Machen Sie eine realistische Planung. Welchen Umfang kann das Betriebsratsmitglied leisten? Womit fühlt es sich wohl? Machen Sie hier lieber erstmal kleine Schritte, um alle Seiten daran zu gewöhnen.
– Stellen Sie auch bei den Teamkollegen Verständnis für die Abwesenheit her. Am besten durch sichtbare Arbeitsergebnisse in Form von Verhandlungen, Betriebsvereinbarungen, Verbesserung von Arbeitsbedingungen, etc. Erläuten Sie, was die Kollegen davon haben.
Das Dürfen heißt in diesem Kontext also, beim Arbeitgeber, den Teamkollegen und beim Betriebsratsmitglied das Verständnis herzustellen, das BR-Arbeit nicht nur notwendig, sondern auch erlaubt ist. Das ist oft das größte Hindernis in der Zusammenarbeit. Aber auch gerne eine Ausrede. Doch wenn die ersten drei Bausteine erfüllt sind, sollte das Dürfen schnell eingeübt sein.
Die Zusammenarbeit im Betriebsrat zu verbessern ist ein umfangreiches Thema, was von Gremium zu Gremium anders ist. Jedes Team hat eine eigene Geschichte, Dynamik und Probleme. Als Vorsitzende(r) sind Sie gefordert, die Kooperation untereinander zu ermöglichen, umsichtig zu lenken und zu unterstützen. Daher habe ich eine Checkliste erstellt, mit der Sie die vier Bausteine für ein besseres Teamwork überprüfen können.
Wenn Sie Fragen haben, melden Sie sich gern bei mir.
Laden Sie hier die Checkliste
zur Zusammenarbeit im Team herunter.
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