Damit der Start in die Teamführung gelingt, ist es wichtig, einige grundsätzliche Verhaltensweisen von Anfang an zu beherzigen.
Wenn Du den Vorsitz oder die Stellvertretung des Betriebsrates neu übernommen hast, stehst Du natürlich erstmal unter extremer Beobachtung. Die Gremiumsmitglieder registrieren genau, was und wie Du es machst. Die Kollegen schauen neugierig auf den „Neuen“ und auch die Geschäftsleitung macht sich ein Bild von Dir. Schließlich will Dich jeder einschätzen können und wissen, was ihn erwartet.
Das löst gewiss Stress, Unbehagen und Unsicherheit aus. Aber lass Dich davon nicht beeinträchtigen. Denn schließlich bist Du in dieses Amt gewählt worden. Also hast Du bei vielen Kollegen Rückhalt, sonst hätten sie Dich ja nicht gewählt. Für die Gegenpartei, die es ganz sicher gibt, solltest Du Dir eine neutrale Einstellung zulegen und sie nicht angreifen. Mit Befindlichkeiten und Meinungsverschiedenheiten kannst Du Dich befassen, wenn es soweit ist. Auf keinen Fall solltest Du sie schüren.
Wie startest Du nun am besten?
Teamführung behutsam übernehmen
Es ist nicht ratsam, das Ruder an sich zu reißen und von 0 auf 100 zu schalten. Ein Wechsel im Team bringt Unruhe. Egal, welche Position neu besetzt wird, es bedeutet immer, dass sich die Gruppe neu finden muss.
Wenn Du von jetzt auf gleich alles anders machst, wirst Du einige Gremiumsmitglieder überfordern. Ebenso wird es schnell Widerstand geben und Deine Gegner werden das ausnutzen. Übernimm die Führung des Teams also umsichtig und sei aufmerksam. Am Anfang defensiver zu sein, sich einen Eindruck zu verschaffen und schrittweise einzuarbeiten, schadet nicht.
Neutral zum Vorgänger
Vorgänger sind so eine Sache. Waren Sie gut, trittst Du in große Fußstapfen. Waren sie nicht gut, ist die Versuchung groß, das auch so zu äußern.
Das solltest Du jedoch nicht tun. Ziehe auf keinen Fall über Deinen Vorgänger her. Egal, wie seine Leistung war und wie die Kollegen ihn sehen. Er hat bis zum heutigen Zeitpunkt immer noch mehr Erfahrung in diesem Amt als Du. Und er hat auch sicher den ein oder anderen Erfolg vorzuweisen.
Wenn er den Vorsitz nicht selbst aus persönlichen Gründen abgegeben hat, gibt es eben auch einige Gründe, weshalb er nicht wiedergewählt wurde. Darauf solltest Du es beruhen lassen. Rede die Erfolge nicht klein, wühle nicht in seinen Fehlern. Zeige einfach Größe.
Es ist auch nicht verkehrt, Bewährtes erstmal von ihm zu übernehmen. Alles wird sich entwickeln und Du wirst genug Gelegenheiten haben, Dinge anders zu machen.
Stelle Dich vor das Gremium
Als BRV oder Stellvertreter repräsentierst Du den Betriebsrat. Auch hier gilt es, sich vor das Team zu stellen und nicht über Einzelne oder Gruppen, mit denen es Befindlichkeiten gibt, offen zu lästern. Du kannst Dir zwar Deine BR-Mitglieder nicht komplett selbst aussuchen. Aber Du kannst beeinflussen, wie Du mit Ihnen umgehst. Nach innen und außen.
Sich vor das Gremium zu stellen heißt ebenso, sämtliche Beschlüsse des Betriebsrates zu vertreten, auch wenn Du anders abgestimmt hast. Der BR hat den Beschluss gefasst und Du kommunizierst ihn nach außen und setzt ihn um. Das ist Deine Aufgabe als BRV.
Eigene Ideen einbringen
Sicher wirst Du eigene Ideen und Pläne haben, was der Betriebsrat unter Deiner Führung alles machen sollte. Doch auch bei diesem Punkt bewährt es sich, nicht vorschnell alles in Angriff zu nehmen. Dann kann es nicht nur sein, dass Du Dich übernimmst und gar nicht alles schaffst. Sondern Du läufst Gefahr, dass das Gremium gar nicht mitmachen will. Warum auch? Schließlich ist der BR keine ein Mann/eine Frau- Show.
Was Ihr als BR macht oder nicht, wird immer im BR selbst beschlossen. Nach meiner Erfahrung ist das auch gut so und ein deutlicher Unterschied zur Führung mit einer Hierachiefunktion. Denn wenn sich alle einbringen können und gemeinsam beschlossen wird, welche Ideen umgesetzt werden, dann erzeugt das eine ganz andere Dynamik.
Das Team muss natürlich lernen, dass alle den Beschluss auch mittragen und sich mit einbringen. Was ein Weg der Entwicklung ist und nicht von heute auf morgen geht. Deshalb fange am besten Du damit an, Deine Ideen und Vorschläge einzubringen und sie in der Sitzung zu diskutieren. Daraus wird sich dann Eure Arbeit entwickeln.
Tipp: Eine Klausurtagung ist eine gute Maßnahme, um als BR Ziele zu entwickeln.
Zuhören und offen sein
Eigentlich ist das ja zu selbstverständlich, um es nochmal hier aufzuführen. Ich mache es trotzdem. Denn Zuhören gelingt den meisten Menschen nicht so gut. So gehen viele Möglichkeiten verloren, Ansatzpunkte für die BR-Arbeit zu finden.
Nimm Dir also Zeit, den Kollegen wirklich zuzuhören. Frage nach und bleibe entspannt. Du musst nicht sofort alle Probleme lösen. Du darfst drüber nachdenken und auch nicht für die Problemlösung zuständig sein.
Bleibe vor allem offen für Neues und lass Dich inspirieren. Es gibt nicht immer nur einen Weg. Tausch Dich aus und probiere immer mal wieder etwas anderes aus.
Selbstbewusstsein in der Teamführung
Als BRV oder Stellvertreter brauchst Du eine gehörige Portion Selbstbewusstsein. Schließlich musst Du Dich bei der Geschäftsleitung oder HR durchsetzen, BR-interne Querelen in den Griff kriegen und auch mal unbeliebte Themen im Kollegenkreis vertreten.
Das alles darfst Du selbstbewusst tun. Das erwartet man auch so von Dir. Pass aber auf, dabei nicht arrogant zu sein. Dieser Grad ist schmal und bedarf einer ebenso großen Portion Fingerspitzengefühl, wann Du auch einfach mal das Feld räumst oder nichts sagst.
Stehe auch dazu, wenn Dir bei Themen (noch) das Wissen fehlt. So etwas zuzugeben wirkt selbstbewusster, als so zu tun, als ob Du es wüsstest. Das merkt der andere sowieso.
Lass Dir in diesem Fall einfach helfen. In einem Führungs-Coaching können wir an solchen Themen arbeiten.
Wissen aufbauen
Wenn Du merkst, dass Dir Wissen fehlt, dann hole es Dir!
Habe dabei Geduld. Es wird Dir nicht gelingen, in einem Jahr alles zu wissen und zu können. Mache eine Bestandsaufnahme und priorisiere, was Du zuerst angehen willst.
Halte Dein Wissen auch immer aktuell. Du bist hier selbst gefragt. Niemand wird dieses Wissen zu Dir bringen. Sondern Du bist gefordert, Dich selbst weiterzubilden
Bleibe informiert und trage Dich in den Newsletter ein!
Kläre auch im Gremium, wie der Wissenstand ist. Brauchen einzelne BRM eine Schulung? Oder gibt es Bedarf bei allen? Dann bieten sich Seminare, Coachings oder auch Inhouse-Seminare für das ganze Gremium an.
Bleibt zusammen am Ball, dann werdet ihr auch zusammen stärker.
Klar führen
Am Ende dieses Artikel möchte ich Dir noch ans Herz legen, klar zu führen. Dass das am Anfang nicht so einfach ist, weiß ich. Deshalb unterstütze ich Dich gern dabei.
Was heißt nun klare Teamführung im BR?
Es bedeutet, dass Du zuallerst weißt, dass Du der/die Vorsitzende bist, aber ohne Hierachie führen musst! Das ist ein wesentlicher Unterschied zu einer Leitungsposition mit Weisungsbefugnis. Deshalb beachte folgende Punkte:
- Mache keine Alleingänge. Hole Dir immer Beschlüsse des Gremiums und vertrete diese dann.
- Setze die Beschlüsse um.
- Übernimm Verantwortung. Auch bei unbequemen Sachen.
- Entscheide, wenn Du allein entscheiden darfst.
Lege zum Beispiel Termine für Sitzungen fest, auch wenn der Tag nicht allen passt. Du wirst nie alle Wünsche unter einen Hut bekommen. - Sei konsequent. Tue das, was Du sagst. Du wirst daran gemessen.
- Fordere das Gremium.
Mache also nicht alles allein. Bitte um Unterstützung, verteile Aufgaben und halte Absprachen nach.
Wenn Du diese Punkte beherzigst, wirst Du gut in die Teamführung starten. Setzt Dich dabei nicht zu sehr unter Druck. Du musst nicht perfekt sein. Nach und nach wirst Du tiefer in die Aufgaben eintauchen. Und wenn Du dabei Hilfe brauchst, melde Dich bei mir.
Ich wünsche Dir einen gelungenen Start!
Mentoring