Führen ohne Hierachie

Führen ohne Hierachie – was heißt das für Betriebsratsvorsitzende?

Führen ohne Hierachie ist eine Herausforderung, die es als Betriebsratsvorsitzende(r) zu bewältigen gilt. Denn in diesem Amt haben Sie weder eine Vorgesetztenfunktion noch Weisungsbefugnis.
Auf welche Aspekte Sie achten müssen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Ich kann mich noch gut erinnern, als ich den Vorsitz übernahm. Ich hatte genaue Visionen, wie ich unsere Betriebsratsarbeit verbessern wollte. Nicht nur das Gremium wollte ich effektiver und handlungsfähiger machen. Sondern auch nach außen wollte ich uns sichtbarer werden lassen.
Dass ich das nicht allein schaffen würde, war mir klar. Nur wie sollte ich ein Team führen, ohne eine disziplinarische Vorgesetzenfunktion? Wie war eigentlich meine Stellung und was waren meine Handlungsmöglichkeiten?

Rahmenbedingungen beim Führen ohne Hierachie im Betriebsrat

Nicht nur im Betriebsrat, sondern auch in Projektarbeit, in agilen Teams oder bei Sonderaufgaben gibt es die sogenannte laterale Führung. Dies bedeutet, dass alle Beteiligten auf gleicher Hierachiestufe arbeiten. Es gibt zwar einen Projektleiter. Jedoch hat er keine disziplinarische Macht. Kommt es zu Problemen, muss er diese ohne eine Weisungsbefugnis lösen.

Kann er das nicht, hat er am Ende trotzdem immer noch einen Vorgesetzten, der im Zweifel Anweisungen geben kann, um die Probleme in den Griff zu bekommen.

Im Betriebsrat ist das nicht der Fall.


Das Gremium führt sich sozusagen selbst.


Der Betriebsratsvorsitzende wird oft als „Erster unter Gleichen“ bezeichnet, was die Situation ziemlich gut trifft. Denn im Gesetz ist ihm keine Weisungsbefugnis oder Vorgesetztenfunktion eingeräumt. Er darf den Betriebsrat lediglich nach außen vertreten. Ich habe auch schon mal jemanden sagen hören, er wäre nur ein „besserer Postbote“. 😉

Das dem nicht so ist, kann man den Aufgaben eines Betriebsratsvorsitzenden aus dem Gesetz entnehmen. Ebenso können ihm in der Geschäftsordnung weitere Befugnisse eingeräumt werden.

Somit sind seine Aufgaben deutlich umfangreicher als die der ordentlichen Betriebsratsmitglieder. Dennoch kann er weder die Mitarbeit der einzelnen Betriebsratskollegen „erzwingen“, noch Konsequenzen verhängen. Das Einfordern von Mitarbeit ist also schwierig. Es gilt, den Betriebsrat umsichtig zu lenken.

Zusammenarbeit und Ziele im BR klären

Daher sollten Sie mit Übernahme des Vorsitzes unbedingt die Zusammenarbeit im Gremium klären. Dazu gehört, mit allen Betriebsratsmitgliedern über deren Erwartungen zu sprechen. Erwartungen an die gemeinsame BR-Arbeit, aber auch Erwartungen an Sie als Vorsitzende(r). Denn auch wenn Sie keine Vorgesetztenfunktion haben, wollen die Gremiumsmitglieder geführt werden.

Also klären Sie miteinander, wer was macht. Einiges ergibt sich aus dem Gesetz. In anderen Dingen ist die Zuständigkeit selbst zu gestalten. Sie müssen nicht alles machen oder überall dabei sein. Geben Sie Aufgaben ruhig ab. Das entlastet Sie und fördert die Zusammenarbeit im Team.

Klären Sie dabei auch, welche Ziele Sie im BR haben. Was ist Ihnen wichtig, was wollen Sie verändern und erreichen?

Nehmen Sie sich mit dem Gremium dabei nicht zu viel vor, auch wenn das Erreichen dieser Ziele golden am Horizont schimmert. 😉 Weniger ist mehr und die Zeit für Betriebsratsarbeit oft knapp. Prüfen Sie, welche Ziele realistisch sind. Nicht nur in der inhaltlichen Umsetzung, sondern auch zeitlich.

Wenn Sie gemeinsame Ziele haben und die Zuständigkeiten und Aufgaben im BR klar sind, wird es einfacher, die BR-Arbeit zu lenken. Denn nicht nur Sie, sondern alle wissen, wo sie hin wollen.

Teamarbeit
Führen ohne Hierachie erfordert von allen Betriebsratsmitgliedern Zusammenarbeit

Tipp: Nehmen Sie sich dafür doch einmal ein oder zwei Tage Zeit für eine Zielklausur. Das ist eine interne Tagung, bei der sich der Betriebsrat nur um sich selbst und seine Ziele kümmert. Lassen Sie sich dabei von einem externen Referenten unterstützen. Denn Sie als BRV sind ja Mitglied des Teams und sollten auch so in den Prozess eingebunden werden.

Konflikte ansprechen

Natürlich bleibt nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Es wird im Laufe der Amtszeit Konflikte geben. Ich rede hier nicht von Meinungsverschiedenheiten. Sondern von verhärteten Fronten oder emotionalen Situationen, die das Arbeitsklima vergiften.

Verdrängen Sie diese Konflikte nicht! Forschen Sie nach den Ursachen und versuchen Sie den Konflikt zu lösen. Oder zwischen den Parteien zu vermitteln. Das erfordert viel Fingerspitzengefühl, Wissen und Erfahrung. Sollten Sie allein nicht weiter kommen, lassen Sie sich helfen.

Auf keinen Fall sollten Sie Konflikte im Team ignorieren. Die Konfrontation wird weiter schwelen, es können sich Machtspielchen und richtige Fehden entwickeln.

Dann verbringen Sie mehr Zeit damit, das sich alle gegenseitig „bekriegen“, als sich um die Angelegenheiten der Kollegen zu kümmern. Sowas kostet nicht nur enorm Kraft und Nerven. Sondern der Betriebsrat wird seine Ziele nicht erreichen. Und das wäre doch mehr als schade, oder?

Vorbild sein

Als Betriebsratsvorsitzende(r) werden Sie sehr genau von Ihrem Gremium beobachtet. Und das ist ein Schlüssel beim Führen ohne Hierachie. Denn das können Sie nutzen, um das Gremium ins Arbeiten zu bringen.

Indem Sie Vorbild sind und umsetzen, was vereinbart wurde, geben Sie dem Gremium nicht nur Sicherheit. Sondern Sie fordern sozusagen ohne Worte, dass Ihre BR-Kollegen es Ihnen gleich tun sollen.

Wenn Sie gute Arbeit leisten, wenn Ihre Aufgaben erfüllen, wenn Sie andere unterstützen – ist es da nicht nur fair, dass jeder seinen übernommenen Aufgaben ebenso nachkommt?

Wenn Sie von anderen Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Unterstützung etc. verlangen, dann erfüllen Sie diesen Anspruch selbst. Es wird vielleicht nicht sofort klappen. Doch ihre BR-Kollegen werden nach und nach sehen, was Sie leisten. Das kann sie motivieren, ihren Teil beizutragen. Im schlechtesten Fall haben sie einfach nur ein schlechtes Gewissen. Aber auch das ist ja eine Motivation, oder? 😉

Je mehr also alle miteinander ins Arbeiten kommen, desto mehr wird das Team zusammenwachsen. Es wird seine Ziele erreichen, und zwar gemeinsam. Im Idealfall hat jeder etwas dafür getan und ist stolz auf seine BR-Arbeit.

Führen ohne Hierachie ist ein Lernprozess

Ein Team zu führen ist eh schon nicht einfach. Die wenigsten sind wirklich dafür geboren. Doch ohne Vorgesetztenfunktion zu führen ist noch schwieriger. Wenn Sie die Aspekte in diesem Artikel berücksichtigen, sollte die Richtung klarer werden.

Schauen Sie sich einfach mal an, wie viel Sie von den Punkten schon berücksichtigen. Oder auch nicht. Was funktioniert gut? Was machen Sie schon? Wo haben Sie Verbesserungspotenzial?

Geben Sie sich vor allem Zeit. Nehmen Sie sich eins nach dem anderen vor. Selbst wenn Sie in den nächsten Wochen nur einen Aspekt verbessern, wird sich das auf Ihre Arbeit und die Führung des Betriebsrates positiv auswirken.

Wenn Sie dabei Unterstützung brauchen oder mir von Ihren Erfahrungen berichten wollen, dann melde Sie sich gern bei mir.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung!


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2 Kommentare zu „Führen ohne Hierachie – was heißt das für Betriebsratsvorsitzende?“

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